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New York – Mona Hamid ist im Stress. Das männliche Model, das ihren goldfarbenen Jumpsuit in New York auf dem Laufsteg präsentieren sollte, ist verschwunden. «Er war sehr schön, schokoladenbraune Haut, groß», sagt Hamid. Sie wirkt etwas geknickt.

Im Untergeschoss der Luxus-Boutique «Flying Solo» im Stadtteil Soho herrscht babylonisches Stimmengewirr. Designer zupfen Oberteile zurecht, Kameras knipsen, Models huschen halbnackt zwischen den Kleiderständern umher. Noch zwei Tage bis zur großen Show an den Chelsea Piers im Rahmen der Fashion Week – und dann muss alles sitzen.

Alexander Wang, Tom Ford, Victoria Beckham: Es sind große Namen, gegen die unbekanntere Designer wie Hamid sich bei der Modewoche behaupten müssen. Während die Flagschiffe mit satten Budgets und PR-Experten in die Metropole rollen, müssen andere strampeln. Mit «Flying Solo» haben sich rund 70 Designer aus mehr als 20 Ländern zusammengetan, um in der umkämpften Branche sich mit geballter Kraft ihren Platz zu ergattern. Und die Formel scheint aufzugehen.

«Wir haben uns gefragt: Was, wenn wir zusammenarbeiten anstatt zu konkurrieren? Wenn wir ein erfolgreiche Marke schaffen können, die den Handel verändert und Designern nutzt?», sagt Mitgründerin Elizabeth Solomeina. Was vor zwei Jahren als Popup mit einer handvoll Designer begann, wurde bald ein Modegeschäft mit rund 30 Marken. Und statt Verkäufer anzuheuern, stellten sich die Designer selbst hinter den Tresen – auch um ihre Kunden besser kennzulernen. Im Flagship Store von «Flying Solo» in Soho bedeutet das heute, als Designer auch mal den Boden zu fegen und den Müll rauszutragen.

Für die aus Abu Dhabi stammende Hamid war es ein Glücksgriff. «Ich hasste es, als Designerin allein in meinem Atelier zu sein. Es war einfach sehr einsam», erinnert sich die 29-Jährige. Monatelang rang die frühere Biochemikerin mit sich, ob sie den heiklen Schritt in die Modewelt wagen und ihrer Leidenschaft für gute Gestaltung folgen sollte. «Ich wollte ins tiefe, kalte Wasser springen und schwimmen», sagt Hamid, die Motivationsreden von Steve Jobs und Earl Nightingale hörte. «Ich musste mir beibringen, daran zu glauben». Unter dem Label «Monzlapur» hängen ihre Neopren-Trenchcoats, Tüllkleider und Jogginghosen aus Samt heute in bester Lage an der Stange.

Bei «Flying Solo» (wörtlich: Im Alleinflug) sind inzwischen Designer aus China und Israel, Brasilien und Ägypten, der Ukraine und Portugal vertreten. Die aus Wuppertal stammende Andrea Halstenbach sprang mit ihren puristischen Stricken aus edler Kaschmir- und Merinowolle auf diesem Weg direkt aus dem Rheinland nach New York. «Ich wollte mit anderen Designern zusammenhängen, aber nicht irgendwo», sagt sie. Und die Amerikaner seien aufgeschlossener gegenüber Neuem. «Wir kriegen unheimlich viel Rückenwind», sagt ihr Mann Ulrich Halstenbach, der regelmäßig mit nach New York reist.

Neu ist die Idee des Designerkollektivs nicht, für das 2006 gegründete «W Concept» ging die Rechnung ähnlich auf. Und doch sticht «Flying Solo» wegen der Vielfalt seiner Luxusmode heraus. 2000 Euro kann ein handgemachtes Stück da schon mal kosten, etwa von der Norwegerin Siri Sveen Haaland. Ihr in Schwarz getunktes Label «Black Rat» bekomme «so viel Aufmerksamkeit», sagt die 30-Jährige.

Für Mona Hamid hat sich das Blatt derweil zum Guten gewendet: Ihr Model kommt doch noch zur Anprobe vorbei. Hamid hüpft vor Freude. Von ihrer Idee zu ersten Skizzen, von mitgebrachten Stoffen aus Abu Dhabi zu Mannequin-Versuchen im Atelier, von Näherinnen im Garment District zum sogenannten Fitting hat ihr Jumpsuit es geschafft.

Bässe ertönen am Freitagabend in den Chelsea Piers, als der Mann lässig aber selbstbewusst im Scheinwerferlicht geht, vorbei an Kameras und Handys von Hunderten. Der militante und doch majestätisch anmutende Jumpsuit glitzert, die Show gelingt. Als die Gestalter zum Ende selbst durch die Reihen schreiten, haben Hamid und eine ihrer Kolleginnen die Arme umeinander gelegt.

Fotocredits: Johannes Schmitt-Tegge,Johannes Schmitt-Tegge,Johannes Schmitt-Tegge
(dpa)

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