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Erfurt – Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Grundsatzurteil das Auskunftsrecht von Beschäftigten bei Streitigkeiten um die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern gestärkt.

Neben Arbeitnehmern haben danach auch tausende Selbstständige, die ihr Einkommen vorwiegend von einem Arbeitgeber beziehen, einen Anspruch auf Informationen zum Verdienst ihrer Kollegen mit vergleichbaren Aufgaben. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschied nun in seinem ersten Urteil zum Entgelttransparenzgesetz, dass das das Auskunftsrecht auch für arbeitnehmerähnlich Beschäftigte gilt (8 AZR 145/19).

Zum Beschäftigtenbegriff:

Das Gesetz, das seit Mitte 2017 in Kraft ist, soll dabei helfen, dass die Lohnlücke, die zwischen Frauen und Männern in Deutschland noch immer besteht, kleiner wird. Die Gruppe der arbeitnehmerähnlich Beschäftigten wurde in dem Gesetz nicht explizit genannt. «Auch auf diese Gruppe ist nach der Entscheidung das Gesetz anzuwenden», sagte eine Gerichtssprecherin.

Der Beschäftigtenbegriff sei mit Blick auf das Europarecht weiter auszulegen als in Deutschland, hieß es bei der Urteilsverkündung in Erfurt. Das Europarecht kenne die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerähnlichen nicht, erklärte Nora Markard, Jura-Professorin an der Universität Münster. Sie ist auch Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Freiheitsrechte.

Zu arbeitnehmerähnlich Beschäftigten gehören in Deutschland nach Angaben von Arbeitsrechtlern unter anderem oft Journalisten, Informatiker, Juristen, Architekten sowie eine Reihe von Dienstleistern.

Der Fall:

Geklagt hatte eine Fernseh-Journalistin. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte ihren Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz verneint, die Revision beim Bundesarbeitsgericht aber zugelassen.

Die Parteien hatten sich darauf verständigt, dass es wegen der Corona-Pandemie keine mündliche Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht gab.

Die Wirkung des Entgelttransparenzgesetzes bei der Schließung der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist umstritten. Es gilt für private und öffentliche Unternehmen mit mindestens 200 Beschäftigten. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) zog aus einer Untersuchung im vergangenen Jahr das Fazit, dass es beim Schließen der Lohnlücke bisher nicht viel bewirkt habe. Nur wenige Beschäftigte würden den Auskunftsanspruch nutzen. Auch der DGB äußerte sich kritisch, weil es durch die Festlegung auf eine Mindestbeschäftigtenzahl für kleine Betriebe nicht gelte.

© dpa-infocom, dpa:200625-99-563461/2

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(dpa)

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