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Die Zeiten, in denen die Trends im deutschen Fernsehen aus den USA bestimmt wurden, scheinen vorbei. Denn gerade im Bereich „Serien“ machen nun immer öfter die Skandinavier von sich reden. 

 „Bonusfamilie“ begeisterte

Lisa und Patrick sind ein Paar und leben zusammen. Und mit ihnen drei Kinder. Zwei von ihr, eins von ihm. Eine Patchworkfamilie sozusagen.

Über den ganzen normalen Alltag dieser Familie, die Ängste, Nöte, Gefühle und vor allem Probleme erzählte jüngst die vielbeachtete „ARD“-Serie „Bonusfamilie“ (in der Mediathek noch verfügbar). Eine gefühlvolle, moderne und vor allem unprätentiöse Serie, die gerade in der jungen Zielgruppe gut ankam und für Top-Einschaltquoten sorgte.

Was die deutschen Zuschauer meist nicht wussten: Sie sahen dabei die 1:1-Adaption einer schwedischen Serie, die dem dortigen Sender „SVT“ in nunmehr drei Staffeln ebenfalls Traumquoten einspielte und bestimmt weiter einspielen wird: Im Januar startet in Schweden nämlich die vierte Staffel.

 „Bonusfamiljen“ heißt das das schwedische Original und – große Überraschung – die Hauptdarsteller ebenfalls Lisa und Patrick. Und die Kinder Eddie, Bianca und William. Wie übrigens auch in der deutschen Adaption.
Die deutschen Macher hielten sich fast sklavisch an das Original-Drehbuch (Lisas Ex-Mann Martin verkauft im schwedischen Original Betten, in der deutschen Fassung ebenfalls und sogar die Küchen in denen die Familien beim Abendessen zusammensitzen, wirken wie geclont …) und hofften so offensichtlich auf den gleichen Erfolg, wie in Schweden.

Den hatten sie zwar nicht ganz, aber die Serie lief sehr gut und es besteht auch in Deutschland die begründete Hoffnung auf weitere Staffeln.

Fun-Fact dabei am Rande: Deutschen Serien-Fans war das Programm längst bekannt, denn die schwedische Original-Serie läuft seit einigen Jahren auch im deutschen Netflix unter dem Titel „Die Patchworkfamilie“, wahlweise auf Schwedisch, oder deutsch synchronisiert.

Die Deutschen kopieren gerne

Warum die ARD sich die Arbeit und Kosten machte, davon noch eine deutsche Adaption zu produzieren, anstatt einfach die Senderechte für die TV-Ausstrahlung zu erwerben, bleibt an der Stelle unklar.

Fakt ist aber, dass wieder einmal eine skandinavische Serie als Inspiration und Vorbild für eine deutsche Adaption herhielt. Denn „Bonusfamilie“ ist bei weitem kein Einzelfall.

Auch „Druck“, die viel beachtete und diskutierte Serie auf dem Jugend-Web-Channel „Funk“ von  „ARD & ZDF“ (lief auch bei „ZDF NEO“)  hat ihren Ursprung in Skandinavien: in Norwegen. Das dortige Original „SKAM“ (auf Deutsch Scham) brach nicht nur in dessen Heimatland alle Rekorde und kassierte jede Menge Auszeichnungen, sondern versetzte ganz Skandinavien in eine allgemeine Hysterie. So schrieb die große schwedische Tageszeitung „Dagens Nyheter“ in einer ihrer fulminanten Kritiken: „Schlecht ist an der Serie nur, dass die Norweger sie erfunden haben, und nicht wir Schweden.“

Neuer Straßenfeger aus Norwegen

Ein weiterer Straßenfeger, der dieser Tage ganz Skandinavien gleichzeitig begeistert und schockiert ist „EXIT“. Eine Serie, wieder vom norwegischen Fernsehen „NRK“. Die Story: Vier Osloer Multi-Millionäre erzählen einem Zeitungsreporter aus ihrem (Doppel-)Leben. Ergebnis: Ein heftiger und schonungsloser, aber auch sehr realistischer Einblick in Norwegens-Upperclass. Mit viel Drogen, Geld, Luxus, Sex, Intrigen und Lügen.

Ganz Skandinavien war von dem Achtteiler geradezu geflasht – mindestens eine weitere Staffel soll folgen. Und es gibt bereits Gerüchte, dass auch Deutschland wieder Interesse an einer – wie auch immer gearteten – Zusammenarbeit signalisiert hat.

Es bleibt also spannend, welche skandinavischen Serien in nächster Zukunft noch den Weg als Original oder Adaption ins deutsche TV finden.

Weitere Trend-Serien aus Skandinavien

  • „Rita“ (Dänemark, in Deutschland bei „Netflix“): Einblick in das Leben einer engagierten Lehrerin, die mit Herz und Witz für das Glück ihrer Schüler – und ihr eigenes kämpft.
  • „Solsidan“ (Schweden): Alex und Anna ziehen zurück in Alex‘ alte Heimat „Solsidan“ – eine Luxusgegend bei Stockholm, in der Millionen absolut keine Rolex spielen. Problem an der Sache: Alex ist ein schlecht verdienender Zahnarzt und Anna arbeitslose Schauspielerin. Und beide können und wollen sich der schwedischen Top-Society so gar nicht anpassen. Gerade läuft im schwedischen Fernsehen („TV4“) die nunmehr sechste Staffel und es gab auch schon einen Kino-Film dazu.
  • „Vår tid är nu“ (Schweden): Die Serie startet im Jahr 1945 – am Tag, als der zweite Weltkrieg vorbei ist. Der hat in Schweden zwar de Facto nicht stattgefunden, aber doch auch seine Spuren in Form von Wirtschaftskrise, Lebensmittel-Rationierungen und einer gespaltenen Bevölkerung (Hitler Fans – und Feinde) hinterlassen. Die Familie Löwander betreibt in Stockholm das Luxus-Restaurant „Djurgårdskällaren“ und kämpft nicht nur gegen den drohenden Konkurs, sondern auch gegen politische Machenschaften, Intrigen, Gerüchte und um ihr eigenes Glück. 28 Folgen in drei Staffeln verschafften dem schwedischen Sender „SVT“ Traumquoten – und den Machern diverse Auszeichnungen dank der perfekten Drehbücher und Ausstattung, die oft an „Babylon Berlin“ oder „Adlon“ erinnert.
  • „Weihnachten zu Hause“ (Norwegen): Dauersingle Johanne hat genug von den ständigen Kommentaren. Also will sie innerhalb von 24 Tagen einen Partner finden, den sie zum Fest mit nach Hause bringen kann. Perfekte Unterhaltung für die besinnlichen Tage – in Deutschland schon bei „Netflix“ zu sehen.
  • „Quicksand“ (Schweden): Eine Tragödie an einer Elite-Schule erschüttert einen wohlhabenden Vorort von Stockholm. Eine scheinbar ausgeglichene Schülerin landet wegen mutmaßlichen Mordes vor Gericht. Die Serie ist die Verfilmung des Romans „Im Traum kannst du nicht lügen“ von Malin Persson Giolitos, der in Schweden ein Millionen-Bestseller war. Die Serie ist in Deutschland bei „Netflix“ zu sehen.

 

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