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Berlin – Die Erwartungen könnten nicht höher sein. Die vierte Generation des ICE soll alles gut machen, was bei drei Vorgängermodellen schief gelaufen ist. Besonders große Hoffnungen ruhen auf der technisch weiterentwickelten Klimaanlage.

Stolz sind sie bei der Deutschen Bahn aber auch auf die Stellplätze für Fahrräder, ein neues Beleuchtungssystem oder den Hublift für Rollstuhlfahrer. 50 Millionen zusätzliche Fahrgäste will der Konzern mit seinem neuen Baby gewinnen, das die alten ICE 1 und ICE 2 sowie einige IC und EC ab Ende 2017 kontinuierlich ersetzen soll. Nummer 4 wird auch als «neues Rückgrat des Fernverkehrs» bezeichnet.

Bis 2030 soll das Fernverkehrsangebot um 25 Prozent wachsen, das sind über 150 ICE-Fahrten pro Tag und bis zu zwei ICE-Verbindungen pro Stunde mehr. Der
ICE 4 soll dabei eine Schlüsselrolle spielen. Bis Juni 2023 sollen 85 zwölfteilige und 45 siebenteilige Modelle Deutschlands Metropolen verbinden. Zunächst aber steht ein 14-monatiger Probebetrieb an, in dem jedes Detail des Hoffnungsträgers auf Herz und Nieren geprüft werden soll.

Jetzt wird der ICE der Öffentlichkeit im Berliner Hauptbahnhof erstmals von innen präsentiert. Zwölf Wagen, 830 Plätze, ein Viertel davon in der ersten Klasse. Die hohe Zahl an Sitzen ist möglich, weil die Waggons länger sind und weitgehend auf Schränke für Steuersysteme verzichtet wurde. Um trotzdem Beinfreiheit zu ermöglichen, gleiten die Rückenlehnen beim Verstellen in die Sitzschale.

Dabei wird der ICE 4 langsamer sein als sein Vorgänger und je nach Ausführung 230 bis 250 Stundenkilometer schaffen. Der ICE 3 ist auf bis zu 330 Kilometer pro Stunde ausgelegt. Dafür beschleunigt Nummer vier schneller als die anderen Modelle. Die Probefahrten auf der Strecke Hamburg-München ab diesem Herbst werden weiter nicht unter sechs Stunden zu schaffen sein.

Wichtiger ist der Bahn eine neue Flexibilität. Durch die Verteilung der Antriebe auf einzelne Wagen – sogenannte Powercars – kann die Länge des Zugs bei Bedarf geändert werden. Defekte Wagen können so schneller ausgetauscht werden.

Bedeutung legt der Konzern auch auf Komfort und Ausstattung des neuen Zugs. «Kunden können das tun, was sie tun würden, wenn sie nicht reisen würden», sagt Verkehrsvorstand Berthold Huber. WLAN soll auch in der zweiten Klasse kostenlos zur Verfügung stehen – allerdings nur bis zu einer bestimmten Datenmenge, die in einem ausgebuchten Zug auch mal knapp werden kann. Außerdem wird das freie Internet weiter an das Mobilfunknetz gekoppelt sein, was ebenfalls keine einwandfreie Nutzung garantiert.

Die Beleuchtung war den Konstrukteuren besonders wichtig. Die Fenster sind breiter als bei den Vorgängern. Eine neue LED-Lichtsteuerung soll die Fahrgäste morgens zudem mit einem warmen Gelb empfangen, abends mit einem schummrigen Rot-Ton. Tagsüber leuchten die Lichtstreifen über den Sitzreihen blau.

Die Klimaanlagen in den ICE, die unter Reisenden schon längst zum Running Gag geworden sind, sollen auch bei Temperaturen über 30 Grad nicht den Geist aufgeben. Sie bestehen aus zwei Kältekreisläufen. Gibt es bei einem Probleme, funktioniert die Kühlung trotzdem weiter. Zudem ist die Anlage für Umgebungstemperaturen von minus 25 bis plus 45 Grad Celsius ausgelegt – bislang Standard für Züge in Südeuropa.

Darüber hinaus kommt der ICE 4 mit vielen kleineren Änderungen daher: Die Platzreservierungen werden nicht mehr oben an der Gepäckablage angezeigt, sondern an den Kopfstützen der Sitze. Es gibt an jeder Fahrzeugseite einen Hublift für Rollstühle sowie vier Plätze dafür im Inneren. Im Vergleich zum ICE 2, der etwa zwischen Köln und Berlin fährt, ist das Kleinkindabteil im neuen Modell von acht auf fünf Sitzplätze geschrumpft. Dafür gibt es im offenen Familienbereich zwei Stellplätze für Kinderwagen.

Kritik muss die Bahn bereits für die Gestaltung des Endwagens einstecken: Vorgesehen sind acht Stellplätze für Fahrräder, absolutes Novum in einem ICE. Zu wenig, meint der Verkehrsclub VCD.

Fotocredits: Maurizio Gambarini
(dpa)

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